Er ist überall dabei, steht aber meist im Dunkel, wird übersehen. Aber die Bühne war nie seine Welt. Drüben werden Criollo – seine Frau – und Trinitario – sein Sohn – gefeiert. Er heißt Forastero – der Fremdling. Er ist das Arbeitstier: Schlicht, aber tüchtig und zäh. Geschäftlich mit einem Marktanteil von 90 % überaus erfolgreich. Weltweit vertreten. Oft gewissenlos. Und manchmal, in der Abgeschiedenheit, blitzt auch sein Genie durch.

Herkunft

Forastero stammt aus dem tropischen Urwald des Amazonas-Tieflands und vieles spricht dafür, dass er von den dortigen Ureinwohnern regelrecht gezüchtet wurde. Sie verarbeiteten die Samen des Kakaobaums allerdings noch nicht zu „Schokolade“ weiter, sondern lutschten das leckere Fruchtfleisch und spuckten die Kerne aus. Besonders hochwertige Kakaosetzlinge gelangten später über Händler nach Mittelamerika. Dort entwickelte sich – Botaniker würden sagen – eine andere Subspezies: Criollo. Und mit dem Rösten und Mahlen wurden die Bohnen nun zu Schokolade verfeinert.
Als die Spanier nach Südamerika vorstießen, kannten sie bereits Criollo und Schokolade. Nun lernen sie auch den Forastero kennen. Trotz der Qualitätsunterschiede gegenüber Criollo entwickelte sich Forastero-Kakao zu einem wichtigen Handelsgut. Forastero war der „Cacao de los Pobres“ – der Kakao der Armen.

Violette Samen, kräftiges Aroma

Forastero-Bohnen sind flach, länglich und meist dunkel-violett. Sie sind kräftig im Geschmack – bitter, herb, sauer, adstringend. Das Aroma ist nicht sehr komplex. Der Abgang kurz. Insgesamt also eine Bohne, die ausreichend schokoladig schmeckt, mehr aber auch nicht. Die intensive Farbe und der kräftige Geschmack kommen von Anthocyanen, die ausgesprochen gesund sind. In diesem Punkt ist Forastero gegenüber Criollo klar im Vorteil.

Bekannte Sorten des Forastero heißen: Amelonado, IMC 67 (Iquitos Mixed Calabacillo), Bahia, CCN 51.
Mit dem bemerkenswert guten Arriba Nacional schafft es der Forastero aber auch sogar in die Klasse der Edelkakaos: abseits der Hochleistungsplantagen zeigt er hier sein genetisches Potential.

Forastero erobert die Märkte

Aber wie wurde aus diesem minderwertigen Kakao ein derart erfolgreiches Produkt? Im 17. Jahrhundert gab es in den mittelamerikanischen Criolloländern einen drastischen Rückgang der Kakaoproduktion. In Guatemala oder Mexiko fielen zwei Drittel der Urbevölkerung Seuchen zum Opfer, die durch die europäischen Kolonisatoren eingeschleppt wurden – eine menschliche Katastrophe. Indios durften auch nicht einfach als Sklaven herangezogen werden. Zu guter letzt hatte Criollo geringere Ernteerträge, war empfindlich und die gesamte Ernte fiel aus. Der Preis stieg. Ganz anders die Situation in Südamerika. Auf den Plantagen wurden billige Sklaven aus Afrika eingesetzt. Und Forastero ist ertragsstark und unempfindlich. Die Schoten und Bohnen sind sehr groß. Mit seiner dicken, harten Schale ist er resistent gegen Kranheitserreger und andere Schädlinge. So konnten Länder wie Ecuador oder Venezuela mit dem Forastero die Produktion in Mittelamerika überrollen. Aus Sicht der mittelamerikanischen Bevölkerung wurde der Criollo (spanisch für „der Einheimische“) beiseite gedrängt. Der neue Kakao wurde Forastero „der Fremdling“ genannt. Er dominierte fortan die Märkte.

Konsumkakao mit schlechtem Karma

Heute macht Forastero weltweit mehr als 80% der Ernte aus. Er ist mittlerweile überall dort vertreten, wo hohe Ernteerträge über Qualität gestellt werden. Die Arbeitsbedingungen der Menschen, die diesem Kakao ernten sind armselig bis verabscheuungswürdig. Kinderarbeit; verschleppte Kinder als billige Arbeitskräfte, Farmer, die ewig auf ihre Bezahlung warten. Hier zeigt sich eine düstere Seite, die von der Industrie eigentlich viel zu langsam und nur halbherzig verändert wird. Es gibt bessere Alternativen zu dieser bitteren Schokolade.

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