Criollo ist die Diva! Von stolzen Produzenten ins Rampenlicht geschoben. Wo er auftaucht, ist er sofort umlagert von bekennenden Fans. Criollo – spanisch für „Der Einheimische“ – ist der begehrte Aromakakao. Er ist im Vergleich zu Trinitario und Forastero die weitaus seltenere Kakaosorte und macht lediglich 5% der weltweiten Kakaoernte aus. Wo die anderen eher flach, sauer und bitter scheinen, ist das Criollo-Aroma herrlich duftend – es variiert zwischen blumigen oder fruchtigen Noten.

Leider ist er aber auch krankheitsanfällig und ertragsschwach. In der Geschichte vernichteten häufig Seuchen die Ernte und brachten Farmer an den Rand der Existenznot. Ehemals reine Criollo-Plantagen wurden nach und nach auch mit wiederstandsfähigeren Forasteros bepflanzt. Die beiden Arten kreuzten sich und der sortenreine Criollo – und damit sein ursprüngliches Aromaprofil – ist heute praktisch ausgestorben.

Auf der Suche nach reinem Criollo

Chocolatiers und Abenteurer suchen in abgeschiedenen Urwäldern nach möglichst reinen Criollos. Sie hoffen dort Maya-Plantagen aufzuspüren, die bereits vor langer Zeit aufgegeben wurden, auf denen aber noch ein paar Nachfahren eines reinerbigen Criollos überlebt haben könnten. Solche Relikte finden sich heute beispielsweise in Soconusco oder Lacandón – Gebieten zwischen Süd-Mexiko und Guatemala. Reiner Criollo kommt heute vor allem aus Venezuela aus der Anbauregion Sur del Lago.

Criollo wird Kakao für die Eliten in Mesoamerika und Europa

Seine Vorläufer finden sich im tropischen Regenwald zwischen Amazonas und Orinoko. Vor tausenden Jahren brachten reisende Indios besonders vielversprechende Setzlinge nach Mittelamerika und dort bildete sich Criollo als eigene Kakaovarietät heraus. Er war der erste Kakao, der von Menschen auf Plantagen kultiviert wurde. Priester und Adelige der damaligen indigenen Völker verwendeten Xocoatl für kultische Rituale. Soldaten schätzen ihn als anregendes Getränk. Einige Zeit nachdem die ersten Konquistadoren Xocoatl kosteten, wurde Trinkschokolade dann das Lieblingsgetränk europäischer Eliten. Criollo, mit seinem hervorragenden, milden Aroma war Auslöser dieser exquisiten Mode.

Weisse Bohnen – Indikator für einzigartiges Aroma

Vermutlich bekommt der Criollo seinen einzigartig komplexen Geschmack durch den geringen Gehalt an Anthocyanen. Das sind Pflanzeninhaltsstoffe, die auch in Artischocken, Auberginen und Heidelbeeren vorhanden sind. Sie sind zwar sehr gesund aber auch bitter. Damit überlagern sie andere Aromakomponenten des Kakaos. Diese Antocyane färben die Bohnen violett. Im Urwald – fern von Genlaboren kann man nach einer einfachen Faustregel vorgehen: Forastero-Bohnen sind violett. Criollo-Bohnen sind höchstens mal blassrosa. Die begehrtesten Kakaos sind die mit den weissen Bohnen.

Die begehrten Untersorten des Criollo

Porcelana heißt die edelste Untersorte des Criollo. Charakteristisch ist seine cremige Fülle, die im Mund einen Eindruck von Honig oder Butter hinterlässt. Auf der Zunge spielen Nuss- und Gewürzaromen miteinander. Ein intensiv-aromatisch reiner Criollo ist auch die Untersorte Guasare, die vor allem durch ihre Komplexität überzeugt. Ihre Aromen erinnern an Rosen- oder Orangenblüten. An Erde, Holz und Vanille, wie bei einem gereiften Whisky denkt man dagegen bei Canabo. Bekannt ist auch der robuste Ocumare 61. Er schmeckt nach Nüssen, Mandeln und eingekochten roten Früchten. Eine weitere begehrte Untersorte ist Chuao.

Wir verlieren ein Stück Schokoladengeschichte

Trotz überragendem Aroma wurde der talentierte Kakao in den letzten 200 Jahren an den Rand gedrängt. Kein Platz für Diven. Mit dem Verlust von reinerbigem Criollo verlieren wir ein Stück Schokoladengeschichte. Unser Trost: Selbst das gefeierte Aromagenie Criollo gewinnt durch den Forastero Rückgrat und Biss. Die genetische Vermählung der beiden Kakao-Varietäten verleiht den Single Estate Kakaos ein unverwechselbares und unvergessliches Aromaprofil.

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